Rom, Dienstag 5. April, Gebet der Gemeinschaft Sant'Egidio in der St. Bartholomäusbasilika auf der Tiberinsel, dem Gedenkort an die neuen Märtyrer, am Ende eines Gedenktages an Shahbaz Bhatti, dem eng mit der Gemeinschaft befreundeten pakistanischen Minister, der am 2. März in Islamabad wegen seines Einsatzes für Dialog und Frieden in seinem Land ermordet wurde.
Dem Gebet stand der Bischof Joseph Coutts von Faisalabad vor, dem Heimatbistum des Ministers. Der Bruder Paul überreichte auch im Namen seiner Familie die Bibel von Shahbaz Bhatti, die auf dem Altar aufgestellt wurde, der dem Gedenken der Glaubenszeugen aus Asien und Ozeanien gewidmet ist.
Predigt von Bischof Joseph Coutts
Es ist für mich eine Ehre, mit Euch zusammen in dieser Basilika zu beten, die den Glaubenszeugen gewidmet ist, den Christen, die in den vergangenen Jahren ihr Leben hingaben, um die Liebe Gottes zu bezeugen. Diese Basilika ist der Gemeinschaft Sant'Egidio anvertraut, der ich danke. Ich danke euch für die Einladung, ich danke für euer Wirken in Pakistan an vielen schwierigen Orten, für eure Arbeit für den Dialog, den Frieden und die Solidarität mit den Armen.
Eure Liebe zu Pakistan hat zur Begegnung mit Shahbaz Bhatti geführt, der dieselbe Mission lebte wie ihr. Ich weiß, dass ihr mit ihm auf vielerlei Weise zusammengearbeitet habt, auch bei den Überschwemmungen, die viele Todesopfer gefordert haben, oder als die Christen von Gojra angegriffen und getötet wurden. Gleich werden wir seine Bibel in einer Prozession zum Altar der Zeugen aus Asien bringen. Das Wort Gottes hat seine Arbeit begleitet, es hat ihm die Leidenschaft und Kraft eines Lebens für die anderen und nicht für sich selbst vermittelt.
Jesus hat im Evangelium gesagt: "Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben" (Joh 10,10). Jesus war ein Mann mit einer Mission, er wurde von Gott Vater mit einer Mission gesandt, die er erfüllen musste. Es war eine Mission, um das Leben zu geben und es in Fülle zu geben.
Diese Mission Jesu wird im Wort Gottes auch anders beschrieben. Joh 1,5 "Und das Licht leuchtet in der Finsternis". Jesus ist gekommen, um Licht der Welt zu sein. Zur Samariterin sagt Jesus: "Ich werde dir lebendiges Wasser geben". Jesus wird auch "das Brot des Lebens" genannt. Um diese Mission zu erfüllen, musste Jesus das Leben hingeben, er musste für die anderen Sterben. Er wusste, dass er der Welt nur neues Leben schenken konnte, indem er den Tod auf sich nahm. Deshalb sagte Jesus: "Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein". Dieses Geheimnis von Sterben und das Leben hingeben steht im Zentrum des christlichen Lebens. Der Menschensohn ist nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für alle. In der Fastenzeit sind die Christen mit Christus unterwegs, damit die Sünde und die egoistische Natur in ihnen stirbt und sie mit ihm zu einem neuen Leben auferstehen, das durch die Gnade neu wird. Das feiern wir an Ostern.
Clement Shahbaz Bhatti war nicht nur ein politischer Führer, er war vor allem und insbesondere ein Christ, der im katholischen Dorf Kushpur geboren wurde und in einer praktizierenden katholischen Familie aufwuchs. Shahbaz war ein Mann mit einer Mission. Er gab sich mit den erreichten Ergebnissen nicht zufrieden, es war ihm nicht genug, als erster und einziger Christ und trotz seines jungen Alters Bundesminister geworden zu sein. Das war für viele Christen ein überraschendes Ziel, die gewohnt sind, am Rand der pakistanischen Gesellschaft zu leben. Shahbaz jedoch strebte mehr an. Er achtete nicht auf den Ruf, auf Privilegien, auf ein bequemes Leben als Minister. Er hatte eine Vision vor sich. Er dachte nicht nur an die nichtmuslimischen Minderheiten in Pakistan, er strebte nach der Vision, die Jinnah, der Gründer unserer Nation, für sein Land hatte. Eine Nation, in der jeder frei sein kann, dieselbe Rechte besitzt und alle Religionen geachtet werden. Die neue Nation Pakistans solle frei von Fanatismus, Extremismus und religiösen Vorurteilen sein. Um diese Mission zu erfüllen, musste man mit der islamischen Mehrheit und den Religionsoberhäuptern in Kontakt kommen und einen Dialog beginnen. Das tat er mit großer Ehrlichkeit und geistiger Offenheit. Viele Imame und andere Religionsoberhäupter schätzen ihn deshalb. Er wollte Komitees für Harmonie und Dialog unter den Religionen gründen. Diese Komitees sollen seiner Meinung nach vor Ort in allen Städten und Dörfern tätig sein und Probleme, Spannungen durch Dialog und gegenseitige Achtung lösen. Er wusste auch, dass er die Stimme gegen alles erheben musste, was in der Gesellschaft falsch war, gegen alle Arten von religiösem Fanatismus, Vorurteile und Ungerechtigkeiten gegen religiöse Minderheiten. Shahbaz sagte, das Blasphemiegesetz sei ein gefährlicher Missbrauch und müsse geändert werden. Den religiösen Extremisten in Pakistan hat all das nicht gefallen. Sie wollten diese Frage mit Schweigen umhüllen. Es wäre für ihn einfach gewesen, das zu tun oder das Land zu seiner persönlichen Sicherheit zu verlassen. Doch Shahbaz hat seinen christlichen Glauben nicht versteckt. Er hat gesagt: "Ich bin ein Christ und will zu den Füßen Jesu sitzen". In unserer Kultur bedeutet das, jemanden als Lehrer, als Führer anzuerkennen und sein Jünger zu sein. Das war die Entscheidung von Bhatti. Einmal sagte er mir auch, dass er sich auf dem Kreuzweg befindet. Er wusste, dass er wie Jesus verfolgt werden würde in der Nachfolge auf demselben Weg. Als er vor kurzem den Heiligen Vater traf, war er sehr ermutigt und gestärkt, seine Mission fortzusetzen.
Shahbaz hat niemals falsch oder gewalttätig gegen irgendjemanden gehandelt, auch nicht gegenüber den Muslimen. Er sprach nicht schlecht über den Propheten Mohammad, den Koran behandelte er mit Respekt. Doch er sagte mutig die Wahrheit. Dieses Handeln hat jene herausgefordert, die engherzige und extremistische Ideen haben. Sie fingen an, in ihm eine Gefahr zu sehen, die beseitigt werden musste. Wie jene, die den Dialog und die Gewaltlosigkeit nicht akzeptieren und die Stimme Jesu zum Schweigen bringen wollen. Shahbaz war ein Mann mit einer Mission, die Mission, Frieden, Harmonie, Verständnis und Liebe in ein Land zu bringen, das von zunehmender Intoleranz und Gewalt im Namen der Religion erfüllt ist. Diese Mission ist mit seinem Tod nicht am Ende, vielmehr muss sie weitergehen. Bhatti hat uns den Weg gewiesen, den Weg des Dialogs und des Friedens, der Arbeit für die Armen und der Freundschaft mit allen. Wir müssen mutig auf diesem Weg weitergehen, damit sein Tod Frucht in Fülle bringen kann.
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