Ansgar Brinkmann serviert Gulaschsuppe

Bielefeld
Bielefelder Hauptbahnhof: Heilsarmee und Sant Egidio feiern Gottesdienst mit Obdachlosen und Bedürftigen

Bielefeld. Bahnreisende, die auf den letzten Drücker in der Stadt angekommen sind und die Rolltreppe Richtung Bahnhofshalle hochfahren, reiben sie verwundert die Augen. Unter der großen Kuppel ist proppenvoll. Menschen sitzen sich gegenüber an langen Holztischen, die mit Tannenzweigen geschmückt sind. Mandarinen werden geschält, Nüsse geknackt.

Bedürftige, Obdachlose, Einsame, Alkoholkranke und Drogenabhängige feiern im „Bahnhof Bethlehem" das Fest der Liebe. „Es begab sich aber zur der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging", liest Dechant Klaus Fussy aus dem Lukas-Evangelium vor. 500 Menschen lauschen andächtig.

Gleichzeitig wird zum letzten Mal in den großen Kesseln mit der Gulaschsuppe gerührt. Sie wurde seit zwei Tagen bei der Heilsarmee gekocht. Pastor Michael Geymeier schwärmt vom Kochergebnis. Feinstes Rindfleisch, Gewürze, angenehme Schärfe, eine wahre Gourmetsuppe haben die Helfer gezaubert. Zwei Kaufleute aus der Initiative „rund um den Siggi" haben die Zutaten gespendet.

 

Bahnhof Bethlehem: Dechant Klaus Fussy hält den Weihnachtsgottesdienst vor etwa 500 Besuchern. Menschen unterschiedlichster Herkunft verleben gemeinsame Stunden. Foto: Christian Mathiesen - © CHRISTIAN MATHIESEN
Bahnhof Bethlehem: Dechant Klaus Fussy hält den Weihnachtsgottesdienst vor etwa 500 Besuchern. Menschen unterschiedlichster Herkunft verleben gemeinsame Stunden. Foto: Christian Mathiesen | © CHRISTIAN MATHIESEN

 

Kaum ist das Schlusslied des Gottesdienstes, „O, du Fröhliche" verklungen, schwärmen die freiwilligen Kräfte mit gefüllten Suppenschüsseln aus, um die hungrige Meute zu beköstigen. Der ehemalige Arminia-Fußballprofi Ansgar Brinkmann jongliert durch die Sitzreihen. Er ist zum dritten Mal bei diesem eindrucksvollen Event dabei. Als Getränke wird Punch ausgeschenkt – Kinderpunsch ohne Alkohol.

Für einige Gäste, die eher zu den Randgruppen unserer Gesellschaft gehören, ist es eine der wenigen warmen Mahlzeiten im Jahr. Einige Gesichter sind aus der Stadt bekannt. Sie sind als Bettler in den Fußgängerzonen unterwegs oder nächtigen wie die obdachlose Natascha in den Foyers der Kreditinstitute.

Nach dem Essen folgt die Bescherung. Es ist ein Ansturm auf die unzähligen Päckchen, die von der Heilsarmee und der Gemeinschaft Sant Egidio gepackt wurden. Einen älteren Besucher kümmert die Geschenkaktion wenig. Er ist dabei, seinen Trolley zu packen. Bis oben hin ragen die übrig gebliebenen Brote heraus.


[ Jürgen Mahncke ]