"Gebet und Dialog"

Das Weltfriedenstreffen der Gemeinschaft Sant'Egidio setzt auf Austausch.

Osnabrück (DT) „Pax optima rerum – Der Friede ist das beste der Dinge.“ Diese Botschaft, die zum Abschluss der Westfälischen Friedens im Jahre 1648 von Osnabrück und Münster ausging, steht noch immer über der Tür im historischen Rathaus der westfälischen Metropole. Die Bischöfe Franz-Josef Bode und Felix Genn, die in den beiden Friedensstädten ihren Sitz haben, freuen sich auf das Internationale Weltfriedenstreffen der Gemeinschaft Sant'Egidio vom 10. bis 12. September. Der hohe Stellenwert dieser Veranstaltung lässt sich auch daran messen, dass mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, die bei der Eröffnungsveranstaltung in der Halle Münsterland dabei sein wird, dem Präsidenten des Europaparlaments Antonio Tajani und dem Präsidenten von Niger, Mahamadou Issoufu, hochrangige politische Vertreter in den Dialog eintreten. Das teilten die Veranstalter am Donnerstag in Osnabrück mit.

Das Thema Frieden in einer globalisierten Gesellschaft treibe die Menschen um, so Sant?Egidio-Geschäftsführer Cesare Zucconi. Der Italiener beschreibt die Verantwortung der Religionen um den Frieden in der Welt. Johannes Paul II. habe aus dieser Erkenntnis heraus die Oberhäupter der Weltreligionen 1986 zu einem Gebetstreffen eingeladen. „Der Friede wartet auf seine Erbauer. Er ist eine Werkstatt, die allen offensteht“, habe der Papst damals deutlich gemacht. In dieser Tradition sehe sich Sant?Egidio und habe den Weg von Assisi aufgenommen, um seither in jedem Jahr in einem anderen Land die Religionsverantwortlichen mit Politikern, Vertretern des kulturellen Lebens und mit Nichtgläubigen in den Dialog zu bringen.

Die Bevölkerung wird eng in dieses Friedenstreffen einbezogen. Sie kann, nach Anmeldung, kostenlos an den Begegnungen und Veranstaltungen teilnehmen. Eines der zentralen Anliegen des Treffens ist es nämlich, „dass die Persönlichkeiten aus der ganzen Welt, die in diesem Jahr nach Deutschland kommen, keine Expertendebatten hinter verschlossenen Türen führen, sondern sich mit vielen Deutschen und Europäern austauschen“, berichtet Zucconi. Dabei ist für ihn die Begegnung mit jungen Menschen besonders wichtig. Für sie wird es eigene Veranstaltungen beim Weltfriedenstreffen geben. „Der Friede geht alle an und liegt in der Verantwortung aller“, zitiert er den Johannes Paul II.

„Wir sind zum Dialog verurteilt“, macht Zucconi deutlich, dass nur Begegnung und Gebet im Respekt vor den verschiedenen kulturellen und religiösen Identitäten helfen können, eine von Kriegen, Terror und Gewalt bedrängte und zersplitterte Welt zusammenzuführen: „Dialog und Gebet sind zwei geduldige Kräfte, die verändern können.“ Das Friedenstreffen steht in diesem Jahr unter dem Leitwort „Wege des Friedens“. Und bei der Suche nach diesen Wegen geht es nicht „um eine Debatte um interreligiösen Dialog oder Dogmen, sondern um die Herausforderungen unserer Zeit“, ergänzt Zucconi, der Umwelt, Migration, Integration, die Ausbeutung Minderjähriger, den Menschenhandel und natürlich die Kriege als zentrale Themen benennt, die bei den mehr als 30 Diskussionspodien an zwei Tagen in Münster eine Rolle spielen.

Neben den bereits genannten prominenten Gesprächsteilnehmern werden weitere interessante Persönlichkeiten aus den verschiedenen Religionen, aus Politik und Zivilgesellschaft die Debatte beleben. Unter ihnen befindet sich der Groß-Imam von Al-Azhar, Ahmad Mohammad al-Tayyeb, eines der wichtigsten Oberhäupter der Sunniten weltweit. Auch Vertreter des jüdischen Glaubens nehmen an dem Treffen teil. Unter ihnen der Großrabbiner von Istanbul, Isak Haleve und Vertreter des Zentralrats der Juden in Deutschland. Mit dem Mönch Tep Vong kommt der Patriarch des kambodschanischen Buddhismus, der den Genozid unter dem Diktator Pol Pot überlebt hat, zu der Tagung. Die katholische Kirche ist durch die Kardinäle Peter Turkson und Walter Kasper prominent vertreten, wie auch die Orthodoxie. Hier wird der Patriarch der Kirche von Antiochien und dem ganzen Osten, Johannes X. zu Besuch kommen.

Der Münsteraner Bischof Felix Genn betont, dass es den beiden Oberhirten ein wirkliches Herzensanliegen sei, dass das Treffen in Münster und Osnabrück stattfinde. „Seit ich 1950 auf die Welt gekommen bin, bin ich, mit Ausnahme der Kuba-Krise, nie so sehr in Sorge um den Frieden auf der Welt gewesen“, betont er. Dabei müsse man dankbar sein, dass „wir seit 70 Jahren in Deutschland keinen Krieg haben ertragen müssen“. Krieg und Unfrieden seien immer eine Bankrotterklärung. „Gewalt kann nie eine Lösung sein“, ergänzt Bischof Genn. „Wo sogar religiöse Begründungen missbraucht werden, um Kriege zu führen, müssen wir als Christen lautstark unsere Stimme dagegen erheben.“ Er erinnert daran, dass eben auch Christen „zunehmend Opfer von Gewalt und Terror werden“.

Der Osnabrücker Bischof Franz Josef Bode sieht eine wichtige ökumenische Dimension eines solchen Treffens. „Wir stehen in einer großen gemeinsamen Verantwortung.“ Er hofft, dass die Abschlusskundgebung in seiner Bischofsstadt und die ganze Begegnung „mindestens so gut gelingt, wie der Katholikentag 2008 und das ökumenische Fest zum 350-jährigen Gedenkens des westfälischen Friedens 1998 in Osnabrück. „Wir müssen den Menschen zeigen: Religionen stiften Frieden, sie bringen keinen Krieg“, ergänzt Bode. Eine solche Begegnung könne nicht sofortige außergewöhnliche Veränderungen der Weltfriedenslage nach sich ziehen, das wisse auch er. „Aber ich bin davon überzeugt, dass das Potenzial des Friedens und der Liebe erheblich wächst gegenüber dem des Hasses und der Gewalt in der Welt. Je mehr unheilvolle Netze sich über die Erde spannen, je mehr müssen wir an weltweiten, überschaubaren, öffentlichen und verborgenen Netzwerken des Friedens vor Ort knüpfen, die tragfähig sind für eine bessere Zukunft des Lebens auf dieser Welt mit allen Menschen und Geschöpfen.“


[ Heinrich Wullhorst ]