Amerikanischer Traum endet in der Todeszelle

Joaquin José Martinez lebte ein VIP-Leben: Sportwagen, Haus am Strand, Familie, erfolgreicher Geschäftsmann. Dann wurde er zum Tode verurteilt.

"Mit 24 verkörperte ich den amerikanischen Traum", sagt der in den USA aufgewachsene Spanier. Wenig später saß er in Florida in der Todeszelle und wartete auf seine Hinrichtung für ein Verbrechen, das er nicht begangen hatte. "Ich war ein überzeugter Verfechter der Todesstrafe", sagt Martinez. Aber nicht nur seine eigene Geschichte, auch die Erfahrungen, die er im Todestrakt gemacht hat, änderten seine Meinung grundlegend.

Joaquin Martinez ist auf Einladung der christlichen Gemeinschaft Sant'Egidio, die sich im Rahmen der Aktion "Cities for life" gegen die Todesstrafe einsetzt, in Mönchengladbach. Die Geschichte von Joaquin Martinez ist ein Appell gegen die Unmenschlichkeit und Ungerechtigkeit der Todesstrafe, der unter anderem die Schüler der Bischöflichen Liebfrauenschule sichtlich bewegte und berührte. Martinez wurde 1997 für die Ermordung eines jungen Paares verantwortlich gemacht und verurteilt. Seine Ex-Frau, wütend auf ihn, weil er sich ihrer Meinung nach nicht ausreichend um die gemeinsamen Kinder kümmerte, hatte ihn mit dem Verbrechen in Verbindung gebracht.

Die Geschichte des Franky Smith

Als er mit großem Aufwand und dem Einsatz von Spezialeinheiten und Hubschraubern verhaftet wird, ist er noch der Meinung, dass er sich am Abend des gleichen Tages noch das Super-Bowl-Spiel im Fernsehen wird anschauen können. Schließlich ist er ja unschuldig. Aber weder die Tatsache, dass seine DNA nicht am Tatort gefunden wird, noch der Fakt, dass die Bandaufzeichnungen, die angeblich sein Geständnis enthalten, nicht zu verstehen sind, helfen ihm weiter. Er wird zum Tode verurteilt. Drei Jahre sitzt er in der Todeszelle und lernt seine Mithäftlinge kennen. Franky Smith beeindruckt ihn am meisten. Der riesige Afro-Amerikaner, wegen Vergewaltigung und Ermordung eines neunjährigen Mädchens zum Tode verurteilt, sitzt seit 20 Jahren in der Todeszelle, wird fast verrückt darüber, bekommt nie Besuch, tobt und wird von den Wärtern zusammengeschlagen. 

Schließlich stirbt er an Krebs - allen verhasst und furchtbar einsam. Nach seinem Tod beweist ein DNA-Test, den der Verurteilte Zeit Lebens vergeblich gefordert hatte, seine Unschuld. Es kann sogar der wahre Täter dingfest gemacht werden.

"Frankys Schicksal ist einer der Gründe, warum ich meine Meinung über die Todesstrafe geändert habe", sagt Martinez. Er selbst habe die Unterstützung des Papstes, des spanischen Königs, des EU-Parlaments und vieler anderer gehabt, Franky Smith habe niemanden gehabt. Nicht einmal seine Familie stand zu ihm. Nach drei Jahren, in denen Martinez erlebt hat, wie andere Todeskandidaten hingerichtet wurde, wie das Licht in den Zellen flackerte, wenn die Delinquenten auf den Elektrischen Stuhl kamen, wie er selbst an solchen Tagen fast verrückt wurde, weil er nicht schreien durfte - nach drei Jahren bekommt er einen zweiten Prozess und wird freigesprochen. Heute lebt er in Spanien, hat fünf Kinder in zweiter Ehe und engagiert sich gegen die Todesstrafe, seit 15 Jahren gemeinsam mit der christlichen Gemeinschaft Sant'Egidio.

"Ich habe früher gedacht, dass die Todesstrafe den Familien der Opfer hilft, mit dem Geschehen und dem Verlust abzuschließen", sagt er. "Heute, nachdem mein eigener Vater durch einen Unfall, den ein 17-Jähriger verschuldet hat, ums Leben gekommen ist, weiß ich, dass der Schmerz anhält." Rache ändere nichts. "Ich habe dem Jungen vergeben", sagt er. Die Todesstrafe bedeute nur Hass, Rache und das Fehlen von Mitgefühl. Sie helfe keinem, auch nicht den Familien der Opfer.


[ Angela Rietdorf ]