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Unterstützung der Gemeinschaft

  

Dankgottesdienst zum 50. Jahrestag der Gemeinschaft Sant’Egidio

10. Februar um 17.30 Uhr in der Lateranbasilika des Hl. Johannes

Die ersten Personen sind 2018 durch die humanitären Korridore in Italien angekommen. Die neue Phase des Projektes, das zum Modell der Gastfreundschaft und Integration für Europa geworden ist


 
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8 September 2015 09:30 | Kongresspalast - Pallati i Kongreseve

Rede von Markus Dröge



Markus Dröge


Evangelischer Bischof, Deutschland

I.
Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Gäste des internationalen Treffens „Peace is Always Possible“,
ich danke herzlich für die Einladung hier nach Tirana, der Hauptstadt Albaniens, einem Land, dem es gelungen ist trotz einer bewegten Geschichte und vieler aktueller Probleme das Gespräch zwisch¬en den Religionen aufrecht zu erhalten und zu pflegen. Es ist ein Geschenk Got¬tes, dass es der Community of Sant‘ Egidio gelungen ist, so viele Repräsentan¬ten einzuladen. Nichts brauchen wir in dieser Zeit dringender als Gespräche, in denen wir bereit sind, einander zuzu¬hören und nach Wegen des Friedens zu suchen. Denn viele Menschen warten auf ein Zei¬chen der Hoffnung von denen, die an einen barmherzigen Gott glauben!
Ich komme aus Berlin. Berlin ist die Stadt, in der vor bald 26 Jahren die Mauer gefallen ist, die zwei unversöhnliche politische Systeme getrennt hat. Wir ken¬nen Stacheldraht und Todesstreifen, Wachhunde und Grenzsoldaten, die auf Flüchtlinge schießen. Und deshalb sind wir bis heute voller Dankbarkeit, dass das Brandenburger Tor offen ist. Es ist zu einem Symbol der Freiheit geworden, das Menschen aus aller Welt anzieht.
Vor diesem Symbol der Freiheit haben Flüchtlinge vor zwei Jahren einen Hun¬ger- und Durststreik begonnen, um auf ihre Probleme auf¬merk¬sam zu machen. Damals ist uns in Berlin das bewusst geworden, was heute unser Thema ist: dass die Not der Flüchtlinge und die steigende Zahl der Mi¬gran¬ten eine globale Her¬aus¬forderung darstellen. Wir als Kirche haben erreichen können, dass die De¬mon¬stranten ihren Streik beendet haben. Wir haben sie aufgenommen, haben aber bis heute noch keine abschließende Lösung für sie gefunden. Inzwischen hat die Herausforderung durch die Flücht¬linge noch ganz andere Dimensionen angenommen. Die prognostizierte Zahl der Flüchtlinge, die wir in Deutschland in diesem Jahr erwarten ist 800.000, das sind vier Mal so viele wie im Jahr 2014. Die Frage, was das für Deutschland bedeutet, wird aktuell heftig diskutiert.
Überwältigend ist die Hilfsbereitschaft großer Teile der Bevölkerung. Aber es gibt auch die Angst vor dem Fremden, die Ablehnung von Menschen anderer Kultur, Sprache und Religion. Politische Gruppierungen, die daraus Kapital schlagen wollen, drängen stärker als bisher in die Öffentlichkeit und gewinnen Anhänger.

II.
Ich bin dankbar und auch stolz, dass im Grundgesetz meines Landes zwei Grund¬rechte festgelegt sind: „(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ (Art. 1,1) und „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“ (Art. 16a). Dies ist eine Frucht unserer geschichtlichen Erfahrung. Weil Menschen, die zur Zeit des National¬sozialismus aus Deutschland fliehen wollten, zu wenig Schutz in anderen Län¬dern gefunden haben, spüren wir heute unsere Verpflichtung gegenüber Men¬sch¬en, die aus einer Notsituation zu uns kommen. Die Menschen, die heute zu uns kommen, stellen uns auf die Probe: Stehen wir dazu, dass jeder Mensch ein Kind Gottes ist, mit Rechten und Würde ausgestattet, und werden wir weiter Hilfe und Schutz anbieten?
Als Martin Luther King 1964 Ostberlin besucht hat, da hat er in der Marien¬kirche auf dem Alexanderplatz, die heute meine Bischofskirche ist, folgende Worte gesagt:
„….hier sind auf beiden Seiten der Mauer Gottes Kinder, und keine durch Menschenhand gemachte Grenze kann diese Tatsache auslöschen.“
Heute müssen wir sagen:
„Einheimische und Fremde sind Gottes Kinder, und keine Angst vor Überfremdung kann diese Tatsache auslöschen.“
Wenn wir nun sehen, dass in vielen Weltgegenden die Bereitschaft abnimmt, ein friedliches Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Kultur und Reli¬gi¬on zu bewahren, wenn wir sehen, wie alte Kulturlandschaften, in denen Men¬schen seit Jahrhunderten gelernt hat¬ten, den Andersgläubigen zu respektieren, jetzt durch religiös-fanatisierte Ge¬walttäter zerstört werden, dann sind wir her¬aus¬gefordert, alle gesellschaftlichen Kräfte zu bündeln, um uns für den Frieden zwischen Religionen und Kulturen einzusetzen. Sehr deutlich ist, dass kein ein¬zelnes Land allein diese Herausforderung bestehen kann. Noch fehlen aber der notwendige Gemeinsinn und die Solidarität in der euro¬päischen Gemeinschaft um verbindlich gemeinsame Konzepte zu entwickeln. Auch Europa steht auf dem Prüfstand. Europa muss diese Herausforderung meistern und Zeichen der Hoffnung setzen.

III.
Und wie sehe ich die Herausforderung für meine Kirche? Wir verstehen uns als Evange¬lische Kirche in Deutschland als eine öffentliche Kirche mit gesell¬schaft¬lichem Anspruch. Unsere Aufgabe ist es, die christliche Botschaft der Versöh¬nung zu verkündigen und die Regierenden und die Regierten an Gottes Gebot und Gerechtigkeit zu erin¬nern, so sagt es unser Bekenntnis. Wir tun dies in der aktuellen Situation da¬durch, dass wir erstens politisch unsere Stimme erheben, zweitens Diakonie üben und drittens den Dialog der Religionen voran¬treiben.
Erstens: Politisch fordern wir verstärkte Anstrengungen für die Versorgung von Flüchtlingen in unserem Land und Hilfen zur Integration. Wir setzen uns dafür ein, dass diejenigen, die politisch verfolgt werden oder an Leib und Leben ge¬fährdet sind, auch in Zukunft ein Recht auf Asyl haben. Wir sind der Auffas¬sung, dass die Dublin-Vereinbarungen die Probleme nicht lösen. Wir hoffen, dass die europäische Staatengemeinschaft bald zu verbindlichen Absprachen kommt, welches europäische Land wie viele Flüchtlinge aufnehmen kann und einen Lastenausgleich vereinbart, damit schwächere Staaten nicht übermäßig be¬lastet werden. Wir sind tief erschüttert, dass das Mittelmeer, das in vielen Epo¬ch¬en seiner Geschichte Völker und Kulturen verbunden hat, nun zu einem Meer des Todes geworden ist. Warum müssen die Men¬schen erst von Schleppern unter Lebens¬gefahr nach Europa gebracht wer¬den ohne zu wis¬sen, ob sie eine Chance haben, dauerhaft in einem europäischen Land leben zu können? Wir brau¬chen neue Möglichkeiten, damit Menschen auch außer¬halb Europas Asyl in Europa beantragen können. Wir setzen uns dafür ein, dass unser Land endlich die Konse¬quenzen daraus zieht, ein Einwanderungsland zu sein. Denn auch wer politisch nicht verfolgt ist, muss eine faire Chance haben, einwandern zu kön¬nen. Wir fordern deshalb für Deutschland ein Einwanderungsgesetz.
Zweitens: Was tun wir selbst als Kirche? Wir verstärken unser diakonisches Engagement. In Berlin eröffnen wir noch in diesem Monat eine Flüchtlings¬kir¬che, ein Ort der Begegnung, der Beratung, der politischen Diskussion. Viele Ge¬meinden engagieren sich in der Betreuung von Flüchtlingen. Wir organisieren Willkommensfeste, damit eine Begegnung von Mensch zu Mensch möglich wird und jede Fremdenfeindlichkeit im Ansatz überwunden wird. Aber wir ver¬stärken auch unsere weltweite Diakonie. Wir haben schon vor einigen Jahren die Diakonie Deutsch¬land mit Brot für die Welt, der Diakoniekatastrophenhilfe und dem Evan¬gelischen Ent¬wicklungsdienst zusammengefasst. Denn heute, in der glo¬balisierten Welt können wir nicht in Deutschland soziale Arbeit leisten ohne die Zusammen¬hän¬ge mit den weltweiten Krisen, Kriegen und Katastrophen zu sehen. Die Weltgemeinschaft muss die Ursachen der Not bekämpfen, damit Menschen nicht mehr ihre Heimat verlassen müssen!
Drittens: Schließlich fördern wir den interreligiösen Dialog. Durch die Flücht¬linge und Migranten wird unsere Gesellschaft in Deutschland pluraler. Nur wenn es gelingt, das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Religion, Kultur und Sprache zu gestalten, werden wir eine freie, offene und friedliche Gesellschaft bleiben können.

IV.
Ich habe mit meiner Heimatstadt Berlin begonnen und möchte nun auch mit Berlin schließen und Ihnen unsere Vision für einen Dialog der Religionen ans Herz legen. Wir wollen in Berlin das House of One bauen, ein Haus für drei Religion: Juden, Christen und Muslime. Wir wollen darin die Religionen nicht vermischen. Es wird für jede Religion eigene Räume für Gottesdienst und Gebet geben. Aber es wird auch einen Raum in der Mitte geben, für Begegnung, für Gespräch und Bildungsarbeit. Ein internationaler, viel beachteter Architekten¬wettbewerb ist ab¬geschlossen. Der Preisträger steht fest. Wir haben schon Inter¬esse geweckt und Partner gefunden in Georgien und Jerusalem, in Ruanda und der Zentral¬afri¬kanischen Republik, in Wien, London, Stockholm, Zürich und Paris. Wir brau¬chen jetzt Partner und Unterstützer, besonders aus dem Bereich der muslimi¬sch¬en Welt, die sich von dieser Vision begeistern lassen. Wir wollen dem Dialog in der Stadt eine Heimat zu geben, in der die Mauer gefallen ist, die verfeindete Systeme trennte. Auch die Mauern, die Menschen unter¬schied¬licher Reli¬gion und Kultur trennen und zu Feinden mach¬en, müssen fallen. Wir brau¬chen Kraft, Engagement und Ausdauer! Gerade die gläubigen Menschen aller Reli¬gi¬onen, die an einen guten und barm¬herzigen Gott glauben, der das Wohl aller seiner Menschen¬kinder will, sind gerufen, der Welt Hoffnung zu geben, dass diese Herausforderung zu bewältigen ist!
 

#peaceispossible
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