Das Blut der Märtyrer vereint die Christen

Reflexion von Andrea Riccardi. Au dem Weg zum Besuch von Papst Franziskus am Gedenkort der St. Bartholomäusbasilika
Das Gedenken der Märtyrer vereint die Christen
 
Die Märtyrer zeigen, dass der Christ eine schwache Kraft besitzt, um dem Bösen zu widerstehen, die aus Glauben und Liebe besteht. Darüber spricht Andrea Riccardi in einem Leitartikel in Famiglia Cristiana kurz vor dem Gebet von Papst Franziskus mit der Gemeinschaft Sant’Egidio am Gedenkort für die neuen Märtyrer in der St. Bartholomäusbasilika auf der Tiberinsel.

Papst Franziskus besucht in Rom die St. Bartholomäusbasilika auf der Tiberinsel, um der neuen Märtyrer zu gedenken, während uns noch die Bilder der in Ägypten getöteten Christen vor Augen stehen.

Die Basilika birgt das Gedenken an den Hl. Adalbert, der 997 getötet wurde, weil er das Evangelium verkündete, sie bewahrt aber vor allem auch das Gedenken an die Märtyrer unserer Zeit. Darin kommt ein Bewusstsein zum Ausdruck, das im Jubiläumsjahr 2000 herangereift ist: die Kirche ist wieder eine Gemeinschaft von Märtyrern geworden wie in den ersten Jahrhunderten. Damals war dieser Gedanken vielen nicht bewusst, denn die Christen wurden eher als Verfolger und nicht als Verfolgte angesehen. Johannes Paul II. war vom Gegenteil überzeugt: Er selbst war zunächst Zeuge der nationalsozialistischen Verfolgung und des Massakers an den Juden gewesen und hatte anschließend den antireligiösen Kampf des Kommunismus erlebt. Für ihn war das 20. Jahrhundert das Jahrhundert der Märtyrer. Daher rief Wojtyla eine Kommission ins Leben, die Geschichten von neuen Märtyrern sammelte (sie tagte in der Nähe der St. Bartholomäusbasilika). Viele leidvolle und häufig unbekannte Geschichten kamen zum Vorschein. Am 7. Mai 2000 leitete Johannes Paul II. im Beisein einiger Zeugen der Verfolgung eine ökumenische Gedenkfeier für die neuen Märtyrer, denn das Blut der Märtyrer vereint die Christen.

Die Märtyrer „bilden gleichsam ein großes Fresko der christlichen Menschlichkeit des 20. Jahrhunderts“, sagte Wojtyla. Es sollte ihrer gedacht und ihr Erbe aufgegriffen werden. Auf Initiative der Gemeinschaft Sant’Egidio und durch eine Entscheidung von Johannes Paul II. wurde St. Barholomäus demzufolge zum Gedenkort für die neuen Märtyrer. In der Apsis befindet sich eine große Ikone der Glaubenszeugen, unter anderem mit Erzbischof Romero aus El Salvador, den Armeniern, die Opfer des Massakers geworden sind, den von Italienern getöteten äthiopischen Mönchen, mit russischen Christen und vielen anderen.

In den sechs Kapellen gibt es einige Gedenkgegenstände, die an die heutigen Märtyrer aller Kontinente erinnern. Es wird der Kelch von Don Andrea Santoro aufbewahrt, der in der Türkei getötet wurde, das Zingulum des argentinischen Bischofs Angelelli, der von den Militärs ermordet wurde, die Bibel eines jungen Mannes aus Ruanda, der beim Genozid ums Leben kam, oder der Brief eines evangelischen Pastors aus dem nationalsozialistischen Konzentrationslager Buchenwald. Ihr Gedenken ruft jedoch nicht zur Rache auf. Die Märtyrer offenbaren, dass der Christ eine „schwache Kraft“ besitzt, die Kraft des Glaubens und der Liebe, um dem Bösen Widerstand zu leisten. Ihr Testament muss in der Kirche von heute geöffnet und gelebt werden.