Reise durch das gastfreundliche Italien. Humanitäre Korridore und Integration

Erste Etappe: Piemont und Lombardei

Seit Februar 2016 bis heute sind 1621 Geflüchtete durch die humanitären Korridore aus Syrien, aus dem Libanon und aus Äthiopien nach Italien gekommen. In Zusammenarbeit mit der Gemeinschaft haben viele Familien, Pfarreien, Ehrenamtliche in 94 Städten und 18 Regionen die Menschen aufgenommen. Wie sieht ihr Leben heute aus? Um etwas zu erfahren, begleiten wir Daniela Pompei, Daniela Sironi, Valeria Gutterez und andere Freunde der Gemeinschaft Sant’Egidio, die in der Urlaubszeit verschiedene Besuche durchführen.

Diese Reise führt durch ein oft unbekanntes Italien, das aber von außerordentlicher Schönheit ist: dieses Italien ist nicht nur gastfreundlich, sondern integriert auch und zeigt die besten Seiten von Menschen, die Gastfreundschaft anbieten und sie erfahren. Der Beginn ist im Norden, in Piemont und in der Lombardei.

Unsere Reise beginnt in Rivalta di Torino, wo Alì und seine Familie (Frau und neun Kinder) von den Ehrenamtlichen der „Operation Taube der Gemeinschaft Johannes XXIII.“ Und der Gruppe Abele aufgenommen wurden. Ein Fest mit einem reichhaltigen „echt syrischen“ Mahl erwartet uns. Wir sind eine große Gruppe am reich gedeckten Tisch mit den traditionellen Gerichten. Die Familie von Alì ist aus Aleppo geflohen, als es bombardiert wurde, sie waren im Flüchtlingslager von Tell Abbas. Vor einem Jahr sind sie endlich durch die humanitären Korridore nach Italien gekommen. In diesen wenigen Monaten begann für sie ein neues Leben: er arbeitet als Gärtner und macht gerade den Führerschein. Die Kinder haben sofort die Schule besucht und sprechen schon perfekt Italienisch. Bald werden sie in eine neue Wohnung ziehen, denn durch den Einsatz der Ehrenamtlichen hat die Familie schon innerhalb eines Jahres finanzielle Unabhängigkeit erreicht und kann sich selbst versorgen.

Wir reisen weiter nach Fossano, dort hat die örtliche Caritas zwei Familien aufgenommen. „Wir sind keine Spezialisten für Gastfreundschaft, wir haben mit dem Herzen gehandelt“, sagen sie uns. Diese Überlegung funktioniert gut: Elias ist lernt als Frisör, die Schwester Rana arbeitet in einer Firma, die jemanden suchte, der Arabisch und Englisch spricht – neben Italienisch, dass sie in diesem Jahr sehr schnell in Italien gelernt hat. Die Mutter Madlen und die Oma Jenet gehören mittlerweile zu den „Säulen“ des pfarreilichen Lebens.

Nicht weit davon entfernt hat ein junges italienisches Paar in Boves, einem Dorf beim Berg Rosa, die Vereinigung „Sentieri di Pace – Friedenswege“ gegründet und die Syrer Randa und Abdul Razzaq aus Homs in ihrer „Wohnung“ aufgenommen. Denn sie haben ihre Wohnung in zwei Hälften aufgeteilt und daraus zwei abgeschlossene Wohneinheiten geschaffen, um bei sich Flüchtlinge aufzunehmen. Bei der Ankunft der Flüchtlinge hat der Bürgermeister ihnen ein symbolisches „Bürgerrecht“ verliehen.

In Ivrea lebt Herr G., ein berühmter Piemonteser, der uns zum Haus von Carabed, eines armenischen Christen, begleitet, der im vergangenen Oktober mit der Frau und der 4jährigen Tochter Negtaria angekommen ist. „Am Anfang war ich gar nicht so glücklich, dass bei mir gegenüber Ausländer wohnen sollten. Dann habe ich meine Meinung geändert, es sind tolle Leute und sehr fleißig!“ Carabed hat gerade eine Arbeit als Drexler gefunden (die Fabriken im Norden brauchen ausgebildete Arbeitskräfte), er engagiert sich auch in der Pfarrei San Grato, die sich um die Unterbringung und Integration dieser jungen Familie kümmert, die ihr Haus in Aleppo verlassen musste. „Die Arbeit ist für mich sehr wichtig. Sie hilft mir, das Leid und die Depression zu überwinden, die in der ersten Zeit sehr schlimm waren, als ich an all das denken musste, was wir verloren haben.“

Wir kommen nach Saronno, in das SOS-Kinderdorf, in dem normalerweise nur Minderjährige aufgenommen werden. Doch es hat entschieden, zum ersten Mal ihren Auftrag „auszuweiten“, und hat eine sehr große, 12köpfige Familie aufgenommen mit einem an Leukämie erkrankten Kind. Bei H. wurde in Italien eine Milztransplantation im Krankenhaus Gaslini in Genua durchgeführt, jetzt ist er vollständig geheilt.

 

In Bergamo besuchen wir das „Dorf der Brautleute“ von der Pfarrei St. Josef. Das Dorf wurde vom Pfarrer in den 70er Jahren für junge Paare gebaut, die keine Wohnung fanden. Dort ist die Familie von Wassim untergebracht, der zwei kleine Kinder hat. Er hat eine Arbeit bei einer Reinigungsfirma gefunden, die Arbeit ist schwer, nur wenige wollen den Job machen, weil er so schwierig und die Arbeitszeit ungünstig ist. Doch für Wassim ist die Arbeit eine große Freude.

Die letzte Etappe ist Mantova in der Lombardei. Hier sind vor wenigen Monaten zwei Familien angekommen. Aldo, ein Ehrenamtlicher, begrüßt uns und berichtet über die Begleitung der Neuankömmlinge: Italienischkurse, Hausaufgabenhilfe für die Kinder, und über das Leben der Erwachsenen: „Dania mag sehr gern Blumen. Sie kümmert sich jetzt um den Garten und erzielt optimale Ergebnisse. Khaled hat eine Arbeit als … gefunden.“

Wir haben seine Freude über die erzielten Ergebnisse erlebt, seine Zufriedenheit über Lebensgeschichten, die wieder neu anfangen, nachdem sie scheinbar zerstört waren. Das habe wir bei allen Besuchen bei den Freunden in diesen Tagen erlebt, das ist ein schönes Ergebnis der humanitären Korridore, die sowohl den Ankommenden als auch den Aufnehmenden gut tun und ein Land zeigen, in dem man gern leben möchte.

 

(Fortsetzung folgt)