Flüchtlinge, Libyen: „einen europäischen humanitären Korridor einrichten" - der italienische Premierminister Conte zeigt Interesse am Vorschlag von Sant'Egidio und den evangelischen Kirchen: "Interessante und wichtige Initiative, Italien ist bereit"

Die Präsidenten der Gemeinschaft Sant’Egidio, Marco Impagliazzo, und der Union der evangelischen Kirchen Italiens, Luca Maria Negro, haben an den Präsidenten des italienischen Ministerrates, Giuseppe Conte, geschrieben und den Vorschlag eines „europäischen humanitären Korridors“ eingebracht; sie erklären ihre sofortige Bereitschaft, an dessen Umsetzung auf der Grundlage der in den vergangenen drei Jahren in Italien verwirklichten Erfahrung mitzuwirken. Zur Kenntnisnahme wurde der Brief auch an die Vizeaußenministerin und Ministerin für internationale Zusammenarbeit, Emanuela Del Re, und an den Staatssekretär im Innenministerium, Andrea Molteni, geschickt.

Die Vorgehensweise des Vorschlags entspricht dem Ansatz der „humanitären Korridore“ auf der Grundlage des Protokolls zwischen der Union der evangelischen Kirchen Italiens, der Gemeinschaft Sant’Egidio, der Waldensertafel und dem Innen- und Außenministerium Italiens, das zum ersten Mal im Jahr 2015 und dann erneut im Jahr 2017 unterschrieben wurde. Durch dieses Abkommen, das nach Art. 25 des Vertrags über Schengenvisa die Ausstellung von „humanitären Visa“ vorsieht, sind über 1.600 Asylbewerber, überwiegens syrischer Herkunft, aus dem Libanon nach Italien eingereist. Die entsprechenden Ministerien haben ein analoges Abkommen auch mit der Gemeinschaft Sant’Egidio und der italienischen Bischofskonferenz für ein weiteres Kontingent von 500 Flüchtlingen aus Äthiopien unterzeichnet. Auf der Ebene der „guten Erfahrungen“ in Italien wurden humanitäre Korridore auch in Frankreich, Belgien und Andorra eingerichtet, sodass bisher insgesamt fast 2.500 Flüchtlinge nach Europa einreisen konnten.

Negro und Impagliazzo führen dazu aus: „Unser Vorschlag gründet sich auf bisher gemachte konkrete Erfahrungen in diesem Bereich und möchte innerhalb von zwei Jahren die Ankunft von 50.000 Flüchtlingen ermöglichen, die auf die Länder aufgeteilt werden, die ihre internationalen Verpflichtungen im Bereich von Asyl und Menschenrechten konkret umsetzen möchten. Italien sollte sich an die Spitze dieses Programms setzen und einen weiteren Korridor aus Libyen für mindestens 2.500 Personen pro Jahr einrichten.“ Außerdem führen die beiden religiösen Oberhäupter aus: „Unsererseits haben wir schon Beziehungen zu Terres des Hommes und anderen NGOs hergestellt, die in Libyen tätig sind, um dieses Projekt konkret in die Wege zu leiten, das von Italien ausgeht, allerdings an die anderen Länder und die europäischen Institutionen gerichtet ist. Angesichts der Nachrichten aus Libyen mit Tausenden Flüchtlingen, die nicht nur Erpressungen, Gewalt und Folter ausgesetzt sind, sondern auch der Gewalt militärischer Auseinandersetzungen, können wir nicht beim Zuschauen stehenbleiben. Uns stärkt die Ermutigung durch Papst Franziskus, jetzt erneut vom vergangenen Sonntag, sowie durch verschiedene Schwesterkirchen in Europa und durch den Ökumenischen Rat der Kirchen, sodass wir erneut unsere Bereitschaft bekunden, sofort für den Schutz des Lebens, der Unversehrtheit und der Menschenrechte von Tausenden von Flüchtlingen tätig zu werden, die jeden Tag Opfer von verbreiteter und grausamer Gewalt werden.“