GEBET ONLINE AUS SANT'EGIDIO IN ROM: 18. März - Gebet mit der Kirche

Psalm 119,121-136; Lk 18,15-17 "Wer eines dieser Kinder in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf"

Gebet für die Kirche. Online aus Sant'Egidio in Rom - 18 März 2020 - Psalm 119,121-136; Lk 18,15-17

"Für Jesus sind die Kinder die Ersten und nicht die Letzten in seinem Herzen. Sie sind die bevorzugten Adressaten seiner Liebe. Auch wir entdecken in dieser Zeit, dass wir Kinder sind", Don Marco Gnavi.

 

Liebe Schwestern und Brüder,

die Geschehnisse dieser Tage sind ganz und gar außergewöhnlich. Wir leben in einer unerwarteten globalen Situation voller Fragezeichen, die eine große Bedeutung für das Leben ganzer Völker und für unser Leben hat. Viele Menschen spüren das Bedürfnis, neben den notwendigen Maßnahmen zur Prävention und zur Eindämmung der Ansteckung, in der Tiefe über den Wert des Lebens selbst, über unsere Unabhängigkeit und über das Allgemeinwohl nachzudenken. Darüber nachzudenken, was zählt und was überflüssig ist. Und zwar nicht auf dem Hintergrund der Angst, sondern - als Menschen, die sich um das Wort Gottes versammeln – im Glauben daran, dass unser Horizont das Reich Gottes ist, also der Sieg des Guten über das Böse, der Sieg des Lebens über den Tod. Alle Zeichen und Worte Jesu während seines Wegs hinauf nach Jerusalem befinden sich im Rahmen dieser Vision.

Auf seinem Weg brachte man auch kleine Kinder zu ihm, damit er sie berühre. Die Kinder, von denen es in den Dörfern Palästinias viele gab, bildeten für die Familien und für die gesamte Gesellschaft eine Verheißung für die Zukunft, hatten aber keinerlei Rechte und galten als Arbeitskraft. So konnten sie zum Erlass von Schulden verkauft werden. Kinder waren völlig schutzlos und der Willkür der Erwachsenen ausgesetzt. Doch damals wie heute sterben die Kinder, wenn sie keine Liebe erhalten. Sie sind zerbrechlich und, wenn sie keine Familie und kein sicheres soziales Umfeld haben, direkt allen Gefahren ausgesetzt. Die Kinder waren ganz und gar wehrlos, wie Jesus selbst. Sie waren vollständig abhängig, so wie Jesus vom Vater abhängig war, den er – einem Kind gleich - “Abba” nannte.  

 

 

 

 

 

Für Jesus und in seinem Herzen sind die Kinder die Ersten, nicht die Letzten. Sie zählen nicht aufgrund dessen, was sie tun können, sie sind nicht “nützlich”, sondern sie sind die bevorzugten Adressaten des Evangeliums. Ja, Jesus identifiziert sich mit ihnen, bis hin zu der Aussage: “Wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf”. Es sind die Kinder, die nach seinem Einzug nach Jerusalem rufen: “Gesegnet sei der König, der kommt im Namen des Herrn”. Sie sind in den Augen Jesu fruchtbarer Boden, denen man die Geheimnisse des Reiches Gottes erklären kann. Sie sind in der Lage dazu, zu lernen, und leben weder in der Sicherheit noch im Stolz, bereits alles zu wissen.

Doch auch wir entdecken uns in dieser Zeit neu als Kinder. Alles Wissen und ein Großteil des Anspruchs, der vor allem in Europa verbreitet ist, unser Leben selbst zu besitzen, zerbrechen angesichts der Pandemie. Doch wir sind dennoch nicht orientierungslos, weil wir vereint sind.

Zudem gibt es in jedem von uns das Kind, das unentwegt nach dem “”Warum” fragt, das voller bedrängender Fragen ist und Schutz braucht. Jeder alte Mensch hat dieses Kind in sich, das bedürftiger als je zuvor danach ruft, adoptiert zu werden. Wir alle brauchen einen Vater und wissen, dass wir ihn finden oder neu finden können, wenn wir uns um Jesus drängen. Wir müssen lernen, zu gehen und neue erste Schritte auf einem Weg zu machen, der uns unbekannt ist. Auch unsere Sprache reinigt sich, während wir versuchen, denen, die zerbrechlich sind, Mut zuzusprechen und während wir uns an andere mit größerer Sanftmut wenden wollen, weil wir sie brauchen und sie wertvoll für uns sind. Im wehmütigen Bedürfnis nach physischer Begegnung blicken unsere Augen über die Wände unserer eigenen Wohnung hinaus, durch das Fenster, um Situationen, Menschen, Nahe und Ferne aufzunehmen.

Jesus weckt das Kind in uns, im Interesse für die anderen, und er hilft uns, mit bangen Blicken auf die Welt zu schauen. Es ist nicht der richtige Moment, um sich traurig und erschrocken in sich selbst zu verschließen. Im Gegenteil, Jesus sagt: “Denn solchen wie ihnen gehört das Reich Gottes. Amen, ich sagte euch: Wer das Reich Gottes nicht so annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen”.

Gottes Reich ist der Friede. Es ist der Friede für die erschreckten Herzen und der Friede für die Völker. Ich denke an den Südsudan, in dem der Waffenstillstand eingehalten wird, dank des letzten, wichtigen Vertrags, der durch die Vermittlung der Gemeinschaft am 14. Februar unterzeichnet wurde. Am vergangenen Montag wurde der erste Schritt zu einer neuen Regierung der nationalen Einheit vollzogen. Trotz allem gefährdet der Coronavirus die Vertragspartner, weil er verhindert, dass die Gruppen erneut in Rom zusammen kommen können, solange dies nicht möglich ist. Deshalb soll jeder von uns im Gebet ein Wächter über dieses Warten sein, über diesen Einsatz und diese ersten Schritte. Jeder von uns soll an die Kinder, die Frauen, die Männer dieses Landes denken, das uns so sehr am Herzen liegt, und für sie beten. Jeder soll für die Menschen beten, die im Krieg leben. Bitten wir einträchtig um Rettung und Frieden. Der Herr, der Vater aller Menschen, wird uns erhören.

Amen.