Assisi: Tamara Mikalli, eine armenische Christin aus Aleppo, und David Brodman, ein Shoah-Überlebender, bezeugen den „Durst nach Frieden“ der Völker

Assisi – Tamara Mikalli, eine armenische Christin aus Aleppo, war Englisch-Lehrerin, bevor ihr der Krieg alles genommen hat. Sie gelangte im Mai 2016 über die „humanitären Korridore“ nach Italien und spricht schon sicher die italienische Sprache. „Aleppo, wenn ich diesen Namen ausspreche, zieht sich das Herz in mir zusammen“, sagte Tamara, „denn ich erinnere mich daran, wo ich geboren und aufgewachsen bin, wo ich geheiratet habe. Es kommen mir die vielen muslimischen und christlichen Freunde in Erinnerung. Heute wird zwischen Christen und Muslimen unterschieden, aber vor dem Krieg gab es keine Unterschiede“. Unter den „schlimmen Bombardierungen“, erinnert sich die junge Zeugin, „wurde das Brot und das Wasser geteilt, die wertvollsten Güter, die während des Krieges fehlten, und wir ermutigten uns gegenseitig und beteten. Das Gebet war die einzige Stütze für uns“. Nach drei Jahren des Leids während der Belagerung von Aleppo floh sie mit der Familie in den Libanon, wo sie „die Engel“ kennenlernte, „die ihr von den humanitären Korridoren erzählt haben und von der Möglichkeit in Frieden zu leben“. Sie erwähnt schließlich die Freiwilligen von Sant’Egidio und der protestantischen Kirchen Italiens, die im Libanon das Projekt der „humanitären Korridore“ umsetzen.

Ein langer Applaus begleitete die Umarmung von Papst Franziskus mit David Brodman, der heute Oberrabbiner von Savyon in Israel ist. Als erst 7jähriges Kind wurde er in ein Konzentrationslager gebracht. Der betagte Rabbiner, der seit zehn Jahren an den interreligiösen Treffen von Sant’Egidio teilnimmt und oftmals den Jugendlichen von seiner Erfahrung in der Deportation erzählt hat, definierte den Papst als „ein klares Beispiel für Demut und Heiligkeit für unsere Zeit, so wie es der heilige Franz von Assisi damals war“. Für Brodman ist „der Geist von Assisi das beste Beispiel für Demut und Heiligkeit und die Antwort auf die Tragödie der Shoah und aller Kriege. Denn hier sagen wir der Welt, dass es möglich ist, Freunde zu werden und gemeinsam in Frieden zu leben, auch wenn wir unterschiedlich sind“. Abschließend sagte er: „Ich bin als alter Mann Teil dieses einzigartigen Geistes geworden: alle unterschiedlich, aber alle vereint mit dem Mut des Dialogs, um jedem Konflikt vorzubeugen und eine menschliche Welt zu schaffen, in der jeder im anderen das Abbild Gottes erkennen kann“.