In der St. Bartholomäusbasilika eine Etappe auf dem Versöhnungsweg zwischen Deutschen und Polen - Übergabe eines Briefes des lutherischen Märtyrerbischofs Bursche aus Polen

Die St. Bartholomäusbasilika auf der Tiberinsel wurde am 9. September um einen weiteren Gedenkgegenstand bereichert; es ist ein Brief des lutherischen Bischofs Juliusz Bursche aus Polen aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen/Oranienburg an seine Familie. Dort war er seit 1939 nach Beginn der deutschen Besatzung inhaftiert und wurde am 20. Februar 1942 hingerichtet.

Den Voristz der feierlichen Übergabe des Briefes durch Familienangehörige von Bursche übernahm Bischof Ambrogio Spreafico (Bischof von Frosinone und Vorsitzender der Kommission für Ökumene und Dialog der italienischen Bischofskonferenz). Anwesend waren Landesbischof Frank-Otfried July (Vorsitzender des deutschen Nationalkommitees des Lutherischen Weltbundes), Jerzy Samiec (Landesbischof der lutherischen Kirche Polens) und Karl-Hinrich Manzke (lutherischer Landesbischof von Schaumburg-Lippe).

Bursche hatte sich geweigert, im jungen polnischen Staat eine deutsche Nationalkirche zu gründen, denn er sagte, dass "es Aufgabe der Kirche ist, das Evangelium zu verkünden und keine deutsche oder polnische nationale Ideologie".

Landesbischof July sagte beim Gedenken an das Vorbild von Juliusz Bursche 80 Jahre nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs, der das unaussprechliche Leid erlebt hat, das durch Deutschland ausgehend von der Invasion Polens verursacht wurde:

"Wir müssen offen und ehrlich diese Geschichte von Sünde und Verantwortung bekennen, die daraus hervorgegangen ist. Wir deutschen Lutheraner sind daher Gott und unseren polnischen Geschwistern für die Schritte der Versöhnung dankbar, für diesen ökumenischen Gottesdienst, der die Völker über alte Grenzen hinweg verbindet. Auch heute gibt es Verfolgung aufgrund des Glaubens oder der Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe. Auch heute gibt es noch Flüchtlingslager, in denen die Menschen elendig eingepfercht sind. Auch heute beklagen wir die Rückkehr von Nationalismus und Rassismus." 

In Anlehnung an diese Worte sagte Jerzy Samiec: "Heute haben wir das Geschenk bekommen, uns als Schwestern und Brüder im Glauben zu begegnen. Wir können über unsere Vergangenheit in einem Geist der Versöhnung und Liebe sprechen... Wir dürfen niemals zu leichtfertig dahersagen, dass wir verloren oder gewonnen haben."

Siehe auch: Mitteillung des deutschen Nationalkommitess des Lutherischen Weltbundes vom 9. September 2019

 

Auch: Pressemitteilung des deutschen Nationalkommitees vom 11. September 2019:

Aufruf zur Ökumene an jedem Tag

Vorsitzender des DNK/LWB beendet Romreise

Der Vorsitzende des DNK/LWB, Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July beendet heute seine Begegnungsreise nach Rom. Im Mittelpunkt des Antrittsbesuchs standen Gespräche im Vatikan. Am heutigen Vormittag fand eine Begegnung mit Papst Franziskus statt. Dabei berichtete der Vorsitzende des DNK/LWB von dem Gedenkgottesdienst für den lutherischen Bischof Bursche, der am Montag in der Basilica di San Bartolomeo stattfand. „Das Zeugnis der Märtyrerinnen und Märtyrer und das gegenwärtige Leiden vieler Christinnen und Christen in allen Teilen der Welt verbindet uns als Christen und Kirchen“, sagte July. „Es mahnt uns zum ökumenischen Zeugnis an jedem Tag, nicht nur in Notsituationen.“ Papst Johannes Paul II. hatte die Kirche der Gemeinschaft Sant’Egidio für ein ökumenisches Gedenkprojekt für die modernen Märtyrerinnen und Märtyrer übergeben. July dankte Franziskus für diese Zeichen seines Vorgängers. 

Am Dienstag fanden Arbeitsgespräche mit Kardinal Koch, dem Präsidenten des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen, sowie mit Kardinal Ladaria, dem Präfekten der Glaubenskongregation statt. Dazu der Vorsitzende: „Die Gespräche fanden in offener und geschwisterlicher Atmosphäre statt. Dafür bin ich den katholischen Geschwistern sehr dankbar. Eine solche Ökumene des Vertrauens und des kontinuierlichen Gesprächs bringt uns unserem gemeinsamen Ziel der vollen Einheit näher. Mit jedem Gespräch, jedem gemeinsamen Gebet und jeder Begegnung gehen wir einen Schritt auf diesem Weg und wir werden ihn entschlossen gemeinsam weitergehen.“

Die lutherischen Kirchen in Deutschland treffen regelmäßig mit dem Päpstlichen Einheitsrat zu Konsultationen zusammen. Im Mittelpunkt der vertraulichen Gespräche stehen die internationalen ökumenischen Dialoge und ihre Verbindung zu Deutschland. So wurde in dem diesjährigen Treffen über den Abschluss der aktuellen und den Beginn der nächsten Dialogrunde zwischen dem Päpstlichen Einheitsrat und dem Lutherischen Weltbund gesprochen. Auch die Beziehung dieses Dialogs zu anderen Dialogen, insbesondere zu dem zwischen dem Einheitsrat und der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE), wurde behandelt, ebenso wie das 20-jährige Jubiläum der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre (GER) am 31. Oktober 2019. Landesbischof July und Kardinal Koch werteten das Gespräch als sehr wertvoll und sagten sich zu, die regelmäßigen Kontakte fortzusetzen.

Vor der Rückreise nach Deutschland besucht die Delegation heute noch die lutherische Gemeinde in Rom und trifft sich mit dem deutschen Botschafter beim Heiligen Stuhl, Dr. Michael Koch. Neben July nahmen auch der Catholica-Beauftragte der Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD), Landesbischof Dr. Karl-Hinrich Manzke, sowie Referenten der Geschäftsstelle des DNK/LWB an der Reise teil.

Hannover, 11. September 2019