"Beim Herrn habe ich mich geborgen". Homilie von Erzbischof Vincenzo Paglia beim Gedenken an den #11September

Psalm 11

Zwanzig Jahre sind seit dem 11. September 2001 vergangen
, und wir versammeln uns auf Einladung der Gemeinschaft Sant'Egidio erneut in dieser Basilika, um das Gedenken an dieses Ereignisses zu begehen, das die Geschichte der Welt schlagartig verändert hat. Das Gebetsgedenken an diesen Tag ist keine Art von Erinnerungswahn, sondern bedeutet für uns vor allem, auf den Schutz des Herrn zu vertrauen in der Gewissheit, dass er keines seiner Kinder vergisst und dass er uns nicht dem mörderischen Wahnsinn der Gewalt oder der terroristischen Gewalt, überlassen wird. Wir haben auf die Worte des Psalmisten gehört: "Wenn die Grundfesten eingerissen werden, was kann ein Gerechter noch tun?" (Ps 11,3), und wir haben uns seine Antwort zu eigen gemacht: "Beim Herrn habe ich mich geborgen".

Ja, auch heute Abend bergen wir uns beim Herrn und richten unsere Gebete erneut an ihn, indem wir ihm vor allem die Opfer dieses schrecklichen Anschlags anvertrauen. Die ganze Welt war betroffen, nicht nur das amerikanische Volk.
Wir grüßen in Freundschaft den Vertreter der Botschaft der Vereinigten Staaten beim Heiligen Stuhl, ......, und wir grüßen weitere Vertreter des diplomatischen Korps, die zu diesem Gebet gekommen sind. Ihre Teilnahme ist ein Zeichen für ein Gefühl, das uns eint: Die Erinnerung an das Geschehene drängt uns, uns noch mehr in gegenseitiger Solidarität und in der Verpflichtung, der Gewalt des Bösen entgegenzutreten, zusammenzuschließen.

Das Gefühl der Fassungslosigkeit, das wir an diesem Tag angesichts der Grausamkeit dieses Anschlags empfanden, ist uns im Gedächtnis geblieben: Unschuldige Opfer wurden getötet, deren einziges Verbrechen darin bestand, zur Arbeit zu gehen, wie sie es jeden Tag taten. Dieses Attentat prägte auf dramatische Weise das neue Jahrhundert, das gerade begonnen hatte. Die ganze Welt war in gewisser Weise betroffen. Von diesem Moment an war nichts und niemand mehr sicher. Alle - selbst die Stärksten - waren verwundbar. Das zeigen auch die Zahlen: 19 Selbstmordattentäter töteten 2.299 Menschen, 24 wurden vermisst, 327 davon aus 53 Ländern der Welt. Der Beginn des neuen Jahrtausends hätte nicht schlechter ausfallen können. Und die Zukunft war tragisch gezeichnet. In den letzten zwei Jahrzehnten haben wir leider eine Wiederholung ähnlicher Terroranschläge in verschiedenen Teilen der Welt erlebt. Zwanzig Jahre sind seit diesem Tag vergangen und die Welt ist immer noch von einer schrecklichen Spirale des Extremismus geprägt, die noch komplexer und gefährlicher geworden ist. Was in Afghanistan und in anderen Ländern wie Mosambik geschieht, muss uns zu einem mutigeren Engagement für den Frieden anspornen. Und für Gläubige beginnt dies mit dem Gebet.

Im Gebet des heutigen Abends wollen wir alle Opfer des Terrorismus aufnehmen
, alle Opfer, die vom 11. September vor 20 Jahren bis heute. An sie alle denken wir, die von den Händen Gottes aufgefangen wurden, während die Hände der Menschen sie schlugen, und die in das Heiligtum des Himmels getragen wurden. Wir spüren, dass sie anwesend sind - um den Altar im Himmel - zusammen mit uns, die wir den Herrn anrufen, damit die Gewalt in allen Ländern überwunden werde und Frieden unter den Völkern herrscht. Am 11. September versammelte Johannes Paul II. die Führer der großen Religionen, damit dort, wo das Böse wuchert, das große Gut des Friedens gesät werden kann. Auch heute - vielleicht mehr als gestern - ist es notwendig, dass sich die Gläubigen zum Gebet versammeln.

Das Gebet vereint uns in einem Mitgefühl für alle Opfer und drängt uns dazu, jene Brüderlichkeit unter allen zu fördern, die allein die brudermörderische Gewalt an der Wurzel besiegen kann. Das Gebet ist unser erstes Werk des Friedens. Der Psalmist erinnert uns daran: "Wenn nicht der Herr das Haus baut, mühen sich umsonst, die daran bauen. Wenn nicht der Herr die Stadt behütet, wacht umsonst, der sie behütet" (Ps 127,1).

Die Gemeinschaft Sant'Egidio fühlt sich weiterhin herausgefordert durch die Schmerzensschreie, die sich weltweit erheben
, und hört nicht auf zu beten - und viele andere zum Gebet einzuladen -, damit die Geschwisterlichkeit, die Papst Franziskus immer wieder als einzigen Weg zum Frieden aufzeigt und in Erinnerung ruft, immer weiter wächst. Schwestern und Brüder, lasst uns weiterhin den Herrn, den guten Vater aller Völker, anrufen, damit er unser Gebet erhört und der Welt den ersehnten Frieden schenkt.  Amen.