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Unterstützung der Gemeinschaft

  
5 Februar 2012 | ROM, ITALIEN

Rom: "In dieser kalten Jahreszeit steht uns Jesus bei"

Bewegendes Gedenken an Modesta, eine obdachlose Frau, die durch ihre Armut starb, mit ihr wurde vieler gedacht, die wie sie starben

 
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Die Stadt steht still, es hat stark geschneit, alles ist vereist, wenige Leute sind unterwegs, nur ganz wenige Autos. Doch die Obdachlosen sind trotzdem zu Hunderten nach Santa Maria zu einer Verabredung gekommen, auf die sie schon lange gewartet haben: zur Liturgie im Gedenken an Modesta, einer obdachlosen Frau, die 1982 erst 71jährig in der Nähe des Hauptbahnhofs Termini in Rom starb. Man half ihr nicht, weil sie schmutzig war.

Die Basilika ist voll. Mit den Obdachlosen sind ihre Freunde von Sant'Egidio aus allen Altersschichten und viele Jugendliche versammelt, auch sie haben sich durch Eis und Schnee nicht abschrecken lassen und sind gekommen. In der Kirche werden Worte aus dem Markusevangelium gelesen. Don Vittorio Ianari spricht zu einer schweigenden, aufmerksamen und gerührten Menge: "Wie viele von uns lebt Jesus auf der Straße und zieht durch Städte und Dörfer. Deshalb ist uns in dieser besonders kalten Jahreszeit bewusst, dass der Herr mit uns auf der Straße unterwegs ist, während die Stadt und die Menschen nicht immer gastfreundlich und solidarisch sind. Seine Jünger sind bei ihm. Jesus möchte auf diese Weise leben, um allen jederzeit Freundschaft und Heilung anzubieten … sein ganzes Leben enthält die Aussage: Freundschaft ist die wahre Zuflucht, Wärme, Sicherheit und der wahre Reichtum!"

Bei den Fürbitten werden die Namen der Verstorbenen verlesen, nach Modesta, Pippo, Rodika, Zibi … sind es fast 500. In der Basilika stehen die Freunde der Verstorbenen geordnet und in Reihen auf, um bei jedem Namen eine Kerze zu entzünden.

Das Gedenken ist persönlich, wie auch die Verbindung mit jedem persönlich ist. Für viele ist es die einzige dauerhafte und sichere Sache in sehr schwierigen Lebensgeschichten.

Am Ende der Liturgie bekommen alle eine Blume und ein Bild mit einem Gebet: "O Herr, schau auf uns, deine Freunde … in deiner Begleitung werden wir ohne Angst auf den Straßen unserer Stadt und der Welt unterwegs sein".


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Weite Informationen:

Vom Blog: Die Stadt aller "Modestas, der Patronin der Obdachlosen"

Die Geschichte von Nereo (vom Kanal Sant'Egidio bei Youtube)

Die Geschichte von Carmelo (vom Kanal Sant'Egidio bei Youtube)

Zwei Geschichten:

Franco (Name geändert):

Franco stammt aus Genua und arbeitete als Angestellter in der Stadt. Er lässt sich scheiden und kommt nach Rom, wo die Probleme beginnen: er ist allein und beginnt zu trinken. Die Gemeinschaft Sant'Egidio lernt ihn kennen, als er schon auf der Straße lebt, weil er oft Panikattacken hat, sodass er sich nicht lange an verschlossenen Orten aufhalten kann. Er besucht unsere Zentren, um dort zu essen und sich zu duschen. Als er schwer erkrankt, kommt er ins Krankenhaus. Dort machen wir ihm den Vorschlag, in einen Wohnwagen zu ziehen als eine Antwort auf seine Panikattacken. Er erholt sich. Freundschaft und die Wärme einer Wohnwagenbehausung, so kann Franco wieder ein teilweise frohes Leben führen. Alle mögen ihn. Dann erliegt er der Krankheit mit 55 Jahren, aber er war nicht mehr allein.

Angela (Name geändert):

Angela war eine wohlhabende Frau aus Venedig, eine feine und gebildete Dame, die vier mal nach Jerusalem gereist war. Eine Familienkrise ist der Beginn eines schwierigen Lebens, sodass sie innerhalb weniger Jahre Zuneigung und Güter verliert und auf der Straße lebt. Angela kommt nach Rom und lebt dort vierzig Jahre lang auf der Straße, wo sie der Gemeinschaft begegnet, die ihre Freundin und Begleiterin wird. Wir finden für sie eine Unterkunft in einem Haus. Ihr Traum von einem frohen und freundschaftlichen Ort wird Wirklichkeit: die letzten zehn Jahre ihres langen Lebens verbringt Angela in einer Wohnung als Freundin mit vielen Freunden. Bevor sie stirbt, ereignet sich noch eine schöne Sache: Angela hatte ihre Ausweispapiere verloren und damit auch ihre Identität. Sie existierte einfach für niemanden mehr. Wir konnten ihr wieder einen Ausweis besorgen, sodass sie mit 84 Jahren wieder einen Namen und eine Identität bekam.